Karriereportal » Ausbildung und Praktika » Azubiblog » 27.12.2018_Rösler

Das Projekt der Farbenforscher

Hallo, mein Name ist Lisa Rösler, Auszubildende im 3. Lehrjahr als Erzieherin im Südstadtkindergarten Hockenheim.

Innerhalb der praktischen Erzieherausbildung müssen die Auszubildenden ein Projekt mit ihren Kindern durchführen. Schwerpunkt hierbei sollte die Partizipation der Kinder sein. Die/ Der Erzieher muss das Projekt interessenorientiert wählen und gestalten, die Kinder am aktuellen Wissensstand abholen und spontan auf die Wünsche und Ideen der Kinder eingehen können. Während eines Projekts wird die Erzieherin zur Begleiterin der Kinder. Nicht ihre/seine Planungen und Vorstellungen stehen im Vordergrund, sondern sie/er passt sich den Wünschen und Ideen der Kinder an. Die/Der Erzieher zieht sich zurück und bleibt im Hintergrund. Im Alltag erleben sich viele Kinder selbst nicht als aktive Akteure ihres Lebens. Ihr Tag ist schon so früh so durchgetaktet, dass zur freien Entfaltung und zum Fragenstellen wenig Zeit bleibt. Mit Hilfe des Projektes wird dafür Raum geschaffen und auf diese Bedürfnisse reagiert.

Bei den Farbenforschern durfte fleißig mit Farbe experimentiert werden. Hier konnten die Kinder mit selbstgemachter Steinzeitfarbe den Spiegeldruck ausprobieren.

Nach langem Beobachten und nach Rücksprache mit meinen Kolleginnen habe ich mich entschlossen, das Projekt „Farben“ durchzuführen. Vor Beginn habe ich einen Raum eigens für das Projekt geschaffen. Hier konnten sich die Kinder später ausleben, Gebasteltes konnte auch mal stehen gelassen werden und der Raum lud zum Aktiv werden ein. Der extra Raum lässt die Kinder Abstand zum Gruppengeschehen gewinnen und soll so zum forschen und experimentieren einladen. Um mich optimal vorbereiten zu können, habe ich mir dutzende verschiedene Möglichkeiten aufgeschrieben: was die Kinder interessieren könnte, was sie gerne machen wollen könnten und welches Material mir zur Verfügung steht. Dies diente zu Inspiration und als Hilfestellung.

Zum Anfang des Projektes haben wir uns im Kindergarten in den Kreis gesetzt, haben uns bewusst angeschaut, welche Farben es in unserem Kindergarten gibt und wo es denn noch überall Farben gibt. Ein Kind wollte im Wald nach Farben suchen gehen. Also haben wir uns Gummistiefel und Jacke angezogen und sind in den Wald gegangen. Dort haben wir viele Farben entdeckt. Hauptsächlich viele Brauntöne. Aber braun ist nicht gleich braun. Einem Kind ist dabei aufgefallen, dass das Braun einer Eichel ja dasselbe Braun ist, wie das Braun des Coca-Cola-Getränks. Wir haben alles fotografiert und eine Collage erstellt, um sie dann später im Kindergarten aufzuhängen.

Diese Farben gibt es nur in der Natur!

Da man am besten auf den Entwicklungs- und Wissenstand der Kinder eingehen kann, wenn man mit einer kleinen Gruppe bis maximal sieben Kindern arbeitet, musste ich mir etwas überlegen, damit die Auswahl gerecht von statten geht. Also haben alle Kinder ein eigenes Namensschild gemalt. Die Kinder, die beim nächsten Projektschritt dabei sein wollten, haben ihr Namensschild einfach in eine kleine Schüssel gelegt. So konnte ich den Aspekt der aktiven Partizipation weiter im Projekt verankern. Waren zu viele Kindernamen in der Schüssel, wurde ausgelost. Dieses Verfahren haben die Kinder angenommen. Die Kinder wussten, dass kein Kind bevorzugt wurde, die Auswahl nachvollziehbar ist und jeder nur dann mitmachen müsse, wenn er das auch möchte.

Der Wald hat den Kindern sehr gut gefallen, da sie sind gerne draußen sind und Pflanzen sehr gern mögen. Die Kinder haben mich darum gebeten, nochmal etwas mit Pflanzen zu machen. Da ich mich vorher auf alle Eventualitäten vorbereitet habe, konnten wir den nächsten Projektschritt gleich am nächsten Tag durchführen. Dafür habe ich weiße Blumen (Chrysanthenen, da leider keine Tulpen mehr zu kaufen waren) gekauft, Lebensmittelfarbe mitgebracht und Tinte und Wasserfarbe rausgesucht. Wir wollten Blumen einfärben. Die Kinder haben überlegt, wie man dies machen kann. Da Tulpen die Farbe über den Stiel aufnehmen, haben wir das bei den Chrysanthemen genauso gehandhabt. Ich habe beim Stiel anritzen geholfen und wir haben das Wasser gefärbt. Für dieses Experiment benutzt man normalerweise Tulpen, deshalb hat es leider bei den Chrysanthemen nicht funktioniert. Die Kinder waren deswegen aber nicht enttäuscht. Sie hatten eine neue Idee und haben die Blumen kurzerhand mit Fingerfarbe angemalt.

Große Freude hatten die Kinder beim Mischen der vielen Farbtöne mit Bodylotion und Lebensmittelfarbe.

Schnell war bei den Kindern die Begeisterung für das Projekt entfacht und es war von morgens bis abends Thema. Ein Zeichen für mich, so weit alles richtig gemacht zu haben. Im Morgenkreis haben wir über das Ergebnis des Vortages geredet, uns über Ideen und Möglichkeiten ausgetauscht und über den vorherigen Projektschritt reflektiert. Da wir uns so sehr mit dem Projekt identifiziert haben, brauchten wir natürlich auch einen geeigneten Namen. Nach kurzer Überlegung wurden wir zu den „Farbenforschern“.
Farben beeinflussen unsere Wahrnehmungen und Empfindungen extrem. Das passiert aber meistens unbewusst. Passend dazu hatte ich für die Kinder ein Geschmacksquiz mit Joghurt vorbereitet. Dafür habe ich Joghurt in 5 verschiedene Farben eingefärbt: rot, grün, gelb, blau und weiß und den Kindern die Aufgabe gegeben, die verschiedenen Geschmäcker zu erkennen (alles hatte denselben Geschmack). Den Grünen Joghurt fanden die Kinder sehr eklig. Bei dem gelben Joghurt haben sich die Kinder gestritten, ob es Bananen- oder Zitronenjoghurt sei. Blau schmeckte angeblich wie Schlumpfeis oder wie Seife. Bei dem roten Joghurt waren sich die Kinder nicht einig, ob es nun Erdbeer- oder Himbeerjoghurt sei. Den weißen Joghurt fanden manche Kinder nicht lecker, andere dafür sehr. Selbst nachdem ich die Kinder aufgeklärt hatte, haben sie mir nicht geglaubt. Für sie hatten die verschiedenen Farben wirklich einen unterschiedlichen Geschmack.

Etwas spontan sind wir zur nächsten Idee gekommen. Beim Malen mischen die Kinder immer gerne die Farben. Also haben sie mich gebeten, Farben mischen zu dürfen und das vielleicht sogar mit den Händen. Gesagt, getan. Mit Hilfe von Lebensmittel- und Fingerfarbe haben wir weiße Bodylotion zu buntem Schleim verwandelt. Unter lautem Kinderlachen und Freudenrufen haben die Kinder tolle Farbkombinationen und Farbverläufe kreiert.

Ein grünes Powerfrühstück gab es für die Kinder im Südstadtkindergarten Hockenheim.

Als besondere Überraschung und als Highlight des Projektes habe ich die Hockenheimer Künstlerin Doris Bernhard-Matzke zu uns eingeladen. Sie hat den Kindern meiner Gruppe ihre Werke und ihre Arbeit als Künstlerin vorgestellt. Die Kinder waren sehr interessiert und haben noch Wochen später von ihr gesprochen. Mit einer Kleingruppe sind wir in unseren Projektraum gegangen. Dort gab es dann einen kleinen Geschichtsexkurs in die Zeit der Höhlenmalerei. Doris Bernhard-Matzke hat dann mit den Kindern selbst Farbe aus Stein, Asche und Farbpigmenten hergestellt. Später hat sich die Kindergartengruppe samt Erzieherinnen auf einer großen Leinwand mit einer eigenen Art von „Höhlenmalerei“ verewigt. Diese wurde später im Projektzimmer ausgestellt.

Schmeckt gelb wirklich nach Zitrone? Die Kinder waren den Geschmäckern auf der Spur und haben mit Lebensmittelfarbe eingefärbten Joghurt getestest.

Wir hatten sogar zweimal Besuch während des Projekts. Meine Klassenlehrerin war während einem Projektschritt dabei um meine Arbeit als Erzieherin zu beurteilen. Diesen Schritt haben die Kinder vorher geplant. Ein Kind wollte einmal alles nur in einer Farbe machen. Ein anderes Kind gefiel rot besonders gut. Im Morgenkreis hatten sich die Kinder geeinigt, sie möchten etwas in Rot basteln. Während des Projektes waren alle eingeweiht. Also haben die Eltern, Kinder und Erzieher fleißig rote Sachen gesammelt und am Tag des Praxisbesuchs haben die Kinder wunderschöne rote Plastiken gebastelt.
So haben wir immer wieder Neues ausprobiert und erforscht. Das Projekt ging ungefähr sechs Wochen lang und wir haben insgesamt zehn Projektschritte durchgeführt.

Als Erzieherin habe ich mir jeweils vor und nach dem Projektschritt etwas Zeit genommen. Vor einem Projektschritt habe ich die besprochenen Materialien zusammengesucht. Nach jedem Angebot wurde natürlich noch aufgeräumt. Außerdem habe ich ziemlich viel darüber geschrieben, was wir an dem Tag gemacht haben. Zum einen gab es eine Ausarbeitung für die Schule. Dort liegen Selbstreflektion, die pädagogischen Ziele und Abläufe im Vordergrund. Zum anderen habe ich für die Kinder einen Projektordner angelegt. Dieser ist für die Kinder jederzeit verfügbar. Dort habe ich viele Bilder eingefügt aber auch immer grob den Ablauf und die Ziele niedergeschrieben. Die Kinder haben sich das gerne und oft auch nach dem Projekt noch angeschaut. Natürlich gehört zu einem Projekt auch die Elternarbeit. Die Eltern wurden durch Elternpost, Tür- und Angelgespräche, Aushänge und auch während dem Elternabend immer auf dem Laufenden gehalten.

Für mich persönlich war die Projektdurchführung eine sehr positive Erfahrung. Ich habe viel positives Feedback von den Kindern, den Eltern, Kolleginnen und auch von meiner Lehrerin bekommen. Während dieser Zeit habe ich vor allem mich selbst und meine Arbeitsweise reflektieren können. Viele Sachen, die ich in dieser Zeit gelernt habe, werde ich auch in Zukunft bei Angeboten anwenden. Außerdem war es eine großartige Gruppenerfahrung, die die Eltern, die Erzieher und im Besonderen die Kinder untereinander noch etwa näher gebracht hat.

Die Farbenforscher der Seehundgruppe: Yusuf-Ali Cakal, Sofia Salagean, Elif Kantarci, Künstlerin Doris Bernhard-Matzke (linke Reihe, von vorne nach hinten), Alexander Zuenko, Jegor Filantenkov, Elias Schiffmacher und Auszubildende Lisa Rösler (rechte Reihe, von vorne nach hinten) (Bild: Südstadtkindergarten)

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